Ökumene

 

Was bitte ist vom Glauben her falsch an einer Interzelebration, so wie ich sie geschildert habe? Was spricht gegen die Ökumene? Sieht die offizielle kath. Kirche in ihren evangelischen Glaubensbrüdern (und -schwestern natürlich) womöglich "Ungläubige" in der Form, wie der Islam andere Religionen einstuft?  

 

Lieber .........

Wie du sicher weißt, ist gerade in der Ökumene in den letzten Jahren enorm viel weiter gegangen.
Widerstände dagegen hat es von allen Seiten gegeben, ich denke nur an die 200 evangelischen Professoren, die sich gegen das gemeinsame Dokument zur Rechtfertigungslehre ausgesprochen haben.

Es gibt eine auch schon eine gemeinsame Bibelübersetzung des Neuen Testaments und der Psalmen, die aber auch von vielen Nichtkatholiken bewusst nicht verwendet wird. Seit Herbst 2005 hat die Evangelische Kirche ihre Mitarbeit an der Einheitsübersetzung aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen beendet.

Die Anerkennung der Taufe in anderen Konfessionen durch die katholische Kirche ist der eindeutige Beweis, dass sie diese als ihre (getrennten) Brüder und Schwestern anerkennt.
Der Papst selbst hat wie kein anderer Vertreter des christlichen Glaubens viele bedeutsame Schritte für eine Versöhnung der Christen gesetzt. Erst vor wenigen Tagen war er hier wieder deutlich zu hören.

Das Problem bei der Interzelebration ist, dass viele Protestanten "ihren" Luther kaum kennen, detto viele Reformierte nicht "ihren" Calvin oder Zwingli und viele Katholiken nicht die Aussagen ihrer Päpste.
Die Lehren der einzelnen Konfessionen in Bezug auf die heilige Eucharistie weichen nämlich so stark voneinander ab, dass eine gemeinsame Feier geradezu Heuchelei wäre. Sie täuscht nämlich eine Einheit vor, die in Wirklichkeit nicht besteht.

Wenn in einer Familie ein Jahrhunderte langer Streit besteht, wird man sich ehrlicherweise auch nicht zu einer oberflächlichen Familienfeier treffen und damit Einheit erzwingen oder vorheucheln wollen, sondern die Beteiligten werden sich zusammensetzten, um nach einer Beilegung der Differenzen ein wahres Fest der Versöhnung feiern zu können.

 

 

Gemeinsames Abendmahl?

Du sagst so locker, Interzelebration wäre Heuchelei. Werden vom Abendmahl nicht einfach voneinander abweichende Bilder (im Kopf!) gezeichnet, die uns alle aber die gleiche Geschichte erzählen? Haben nicht Pietismus und Aufklärung diese Unterschiede in der Auffassung gemildert? Liegt der wesentliche Unterschied heute nicht einfach darin, dass die kath. Kirche Leib und Blut in Gestalt des Brotes sieht, während die evang. Kirche das Abendmahl in beiderlei Gestalt (Wein für Blut, Brot für Leib) reicht? Gibt es in der kath. Kirche nicht auch Abweichungen seit dem 2. Vatikanischen Konzil?

Anders als kath. Würdenträger halte ich die beiden Geistlichen in meinem Beispiel durchaus für fähig, auch in der Interzelebration einen Konsens zu finden. Oder würde die kath. Kirche einen Blinden vor die Türe weisen, nur weil er sich eine Blume anders vorstellt als sie der Pfarrer sieh
t?

 

Lieber .......

Wie schon oben gesagt geht es erstens um das verschiedene Amtsverständnis der Vorsteher des Abendmahls bzw. der Heiligen Messe.

Zweitens geht es um die entscheidende Frage, auf welche Weise Jesus Christus in der Heiligen Messe gegenwärtig ist.
Luther hatte hier ein grundlegend anderes Verständnis und lehnte den Glauben der Katholiken ab. So entwarf er seine Form, das Abendmahl. Calvin und Zwingli haben sich in ihrer Lehre dann noch einmal weiter und auch von Luther entfernt.
Die Aufklärung hat alles Religiöse sehr kritisch beäugt, da wurde zwischen katholisch, evangelisch oder reformiert nicht wirklich unterschieden.

Auch in katholischen Kirchen wird der Leib und das Blut Christi gereicht.
Ganz banal gesagt ist das auch eine Frage der praktischen Durchführbarkeit.


Abweichungen bis hin zum Schwachsinn hat es gerade bei der Heiligen Messe genug gegeben. Das ging bis zur Party mit Würstel und Cola, weil das ja alles so viel verständlicher sei.
Diese oft genug geistlose Herumexperimentiererei hat die Heilige Messe banalisiert, zum Event verkommen lassen.
Events können die ganz normalen Partypromoter viel besser organisieren, daher interessiert das im Grunde auch niemanden.

Die katholische Kirche hat es aber in Wirklichkeit überhaupt nicht nötig irgendwen schlecht zu kopieren, sondern darf vielmehr ihre eigenen geistlichen Schätze wieder neu entdecken.
Wo das geschieht, dort wächst sie rasant. Irgendwie schade, dass wir ausgerechnet in Europa leben, das als einziger Kontinent noch immer in einer spirituellen Stagnation dahindümpelt.
Aber es gibt genug Hoffnungszeichen, dass auch hier ein geistlicher Aufbruch (verborgen) schon im Gange ist.

 

 

Grad da wäre ein gemeinsames Essen der erste Schritt zu einer Annäherung und einer erneuten Gesprächsaufnahme.
Weil einer nicht meine Meinung teilt, ist er nicht zwangsläufig mein Feind, also warum sollte ich nicht mit ihm essen und reden?!

 

Liebe ........

Vergleiche hinken immer.
Die von dir richtigerweise genannte Annäherung bei einem guten Essen geschieht aber auch schon längst.

Die Vertreter der einzelnen Konfessionen, die mit aufrichtigem Bemühen die Differenzen besprechen, tun dies sicher oft genug auch beim gemeinsamen Essen.
Nur, für ein Festmahl gibt es einfach noch zu viele Differenzen.

Eines wird dir weder ein Katholik, Protestant oder Orthodoxer sagen können: Wie denn diese Einheit von der alle (oft etwas vorschnell) reden, aussehen soll.

Indem alle verschiedenen Konfessionen die Glaubensbotschaft einer einzigen christlichen Konfession übernehmen?

Oder indem man die Superkonfession konstruiert, in der alles vermischt wird?

Bin schon neugierig wohin der liebe Gott die Christen noch führen wird.
"Vater, lass sie alle eins sein" , hat Jesus gebetet.

God bless
ph

 

 

Ehe zwischen katholischen und evangelischen Christen

 

Die Kirche besteht doch aus den Menschen, die in ihr leben, nicht wahr? Die kath. Kirche untersagt also ihren Mitgliedern, die eine gemischt konfessionelle Ehe eingegangen sind, dass sie mit ihrem Ehepartner das Abendmahl feiern dürfen, es sei denn, der nicht katholische Partner würde seine Konfession wechseln. Mit Verlaub, das finde ich nicht nur abenteuerlich, sondern nachgerade anmaßend.

 

Lieber ........

Hier hast du jetzt zwei Dinge miteinander vermischt.
In dem von dir eingangs genannten Fall ging es um die Interzelebration zwischen einem evangelischen Pastor und einem katholischen Priester. Schon das Amtsverständnis dieser beiden Herren ist in der Lehre Martin Luthers ein völlig anderes als das der katholischen Kirche.
Luther würde entweder im Grab rotieren, dass ein evangelischer Pastor die Heilige Messe feiert oder er würde sich freuen, dass ein katholischer Priester anscheinend zum Pastoren geworden ist. Ihm war nämlich der große Unterschied zwischen Abendmahl und Heiliger Messe vollauf bewusst.

In dem von dir jetzt genannten Fall geht es aber um die Frage, ob ein Ehepartner, der einer anderen Konfession angehört, in der Heiligen Messe (du hast hier automatisch Abendmahl gesagt) zur Kommunion gehen darf.
Dass es eine derartige Ehe überhaupt geben kann ist einer der vielen Fortschritte in der Ökumene der letzten Jahrzehnte.
Ich kenne einen ehemaligen evangelischen Pastor, der noch vor etwa dreißig Jahren seinen Job wegen seiner Assistenz bei einer solchen Eheschließung verlor.


 
 

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